Das Zungenband
Stillprobleme sind oftmals sehr komplex, unterschiedlichste Aspekte können das Stillen beeinflussen und wechselseitig wirken.
Ein übermäßig festes Zungenband, doch auch Lippenbänder, können beim Stillen eine ganz besondere Herausforderung sein. Sie sollten sorgfältig betrachtet und achtsam begleitet werden.
feste Bänder in Babys Mund
Neben dem Zungenband kann auch das bzw. die Lippenbänder oder gar Wangenbänder zu fest sein und dir und deinem Baby das Stillen deutlich erschweren.
Bei zu festen Bändern sprechen wir auch von oralen Restriktionen.
Und die kommen gar nicht mal so selten vor. Eindeutige Zahlen zur Häufigkeit gibt es zwar nicht, aber zwischen 4 - 17% aller Neugeborenen sind betroffen. Jedes in einer unterschiedlichen Ausprägung - und längst nicht immer gibt es deutliche Anzeichen, und zum Glück gibt es auch nicht immer Stillprobleme.
so können sich feste Bänder zeigen
Zu feste Zungen- und/oder Lippenbänder haben häufig recht ähnliche Symptome und Erscheinungsbilder, doch kein Stillpaar gleicht dem anderen. Daher ist eine "Diagnose" aufgrund einiger Symptome nicht aussagekräftig. Trotzdem gibt es einige Anzeichen, die uns hellhörig werden lassen:
Beim Stillen machen sie sich häufig so bemerkbar:
- dein Baby kann die Brust nicht richtig erfassen und saugt oft nur an der Brustwarze wie an einer Spaghetti,
- seine Lippen sind beim Stillen nicht aufgestülpt sondern nach innen eingezogen,
- während des Stillens zieht dein Baby Luft, schnalzt oder klackt mit der Zunge,
- dein Baby verliert viel Milch aus den Mundwinkeln oder der Nase,
- das Stillen ist anstrengend weil dein Baby immer wieder von der Brust abdockt/abrutscht,
- sich beim Stillen auch gar nicht so gut beruhigen kann,
- das Stillen tut weh!
An deiner Brust kannst du vielleicht folgendes beobachten:
- deine Brustwarzen sind oft wund oder gar blutig,
- du hast häufiger Milchstaus,
- deine Brustwarze sieht nach dem Stillen verformt aus, vielleicht platt oder wie ein angespitzter Lippenstift,
- deine Brustwarze ist nach dem Stillen weißlich verfärbt
An deinem Baby könntest du möglicherweise selbst beobachten:
- dass es seine Zunge nicht (weit) aus dem Mund herausstrecken kann,
- dass es Saugbläschen an seinen Lippen hat,
- dass es grundsätzlich mit offenem Mund schläft und/oder schnarcht,
- dass es sehr oft Spucken muss.
Nochmal ganz deutlich: das kann alles mit einem zu festen Zungenband oder Lippenband zu tun haben, muss es aber nicht. Grundsätzlich sind dies aber alles Symptome, die ohnehin einmal sorgfältig abgeklärt werden sollten.
muss ein festes Band getrennt werden?
Auf diese Frage kann es nur eine individuelle Antwort geben. Ein grundsätzliches Ja oder Nein würde keinem Stillpaar gerecht werden und wäre zudem auch keine besonders fachliche Aussage.
Ob ein Zungen- oder Lippenband getrennt werden sollte, ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig.
Und auch, zu welchem Zeitpunkt es getrennt werden sollte.
Für so eine Entscheidung sind in aller Regel mindestens ein ausführliches Beratungs- und Anamnesegespräch Voraussetzung, sowie eine gute Beratung in Bezug auf euer Stillmanagement.
Wenn der Eingriff stattfinden soll, dann ist es gut, wenn ein*e besonders versierte*r Zahnärzt*in konsultiert wird, mit guter Expertise und Erfahrung.
Nicht alle Ärzt*innen, Hebammen und/oder Therapeut*innen vertreten übrigens die selbe Haltung in Bezug auf zu kurze Bänder. Tatsächlich wird diese Thematik bei uns in Deutschland erst wieder seit einiger Zeit mehr in den Fokus genommen und manche bezweifeln überhaupt, dass ein zu kurzes Zungenband Probleme verursacht - oder erkennen diese Probleme in Bezug auf das Stillen nicht an. Daher verweise ich gerne an die Deutsche Fachgesellschaft zur Behandlung oraler Restriktionen, der DeFagOR e.V. Auf deren Seite kannst du dich informieren, oder sie auch an andere Fachpersonen empfehlen.
was du nun tun kannst?
Wenn es dein Wunsch ist, weiter zu Stillen, ist es immer ratsam, Stillprobleme wirksam zu lösen.
Wenn es um die Frage von Zungenband, Lippenband und Co. geht, dann sind häufig mehrere Ebenen des Stillens involviert und verdienen es, entwirrt und gelöst zu werden.
Dazu gehört, neben der Stillberatung, oftmals eine angemessene Behandlung durch eine*n Körpertherapeut*in, die sich mit der Thematik von oralen Restriktionen bei Babys auskennt, wie z.B. entsprechend fortgebildete Osteopath*innen, Logopäd*innen, Physiotherapeut*innen, Cranio-Sakral-Therapeut*innen usw.
Natürlich kann da auch dein*e Kinderärzt*in einen wichtigen Beitrag leisten, z.B., indem ggf. Physiotherapie oder Logopädie verordnet wird oder eine Empfehlung für eine osteopathische Behandlung gegeben wird.
Wenn es, nach sorgfältiger Abwägung, zum Trennen des zu festen Bandes kommen soll, dann ist gerade die Vorbereitung wichtig. Welche genau, ist wiederum von eurer persönlichen Situation abhängig, die ich oder eine Berater*in deiner Wahl, gerne mit dir erörtere.
So in etwa kannst du dir den optimalen Weg vorstellen.
Teamarbeit ist der Gold-Standard
Wenn orale Restriktionen bei euch ein Thema sind, und ihr im besten Falle mehrere Fachmenschen aus hilfreichen Gebieten an eurer Seite habt, ist es natürlich optimal, wenn wir alle Hand in Hand arbeiten, dein Einverständnis vorausgesetzt.
Ich finde es grundsätzlich prima, wenn ein Austausch in eurem Sinne stattfindet und bin sehr gerne bereit, in einem kollegialen Netz in deinem Sinne zu arbeiten.